Einzelfragen zur Kostenerstattung durch die PKV 

 

Die folgenden Antworten auf häufige Fragen zur Kostenübernahme durch die private Krankenversicherung sind lediglich als erste Orientierungshilfe zu verstehen. Für eine auf Ihr rechtliches Problem bezogene Aussage ist es grundsätzlich erforderlich, den vereinbarten Versicherungsschutz – insbesondere anhand der Vereinbarungen im Versicherungsvertrag - individuell zu überprüfen. Dazu beraten wir Sie gerne. 

 

  • Darf die PKV die Kostenübernahme mit der Begründung ablehnen, dass der Partner ebenfalls erkrankt ist?

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kommt es nicht darauf an, ob auch eine Erkrankung der Partnerin / des Partners vorliegt. Die Erkrankung des Versicherungsnehmers löst nach dem Verursacherprinzip den Versicherungsfall aus und führt zur Verpflichtung der privaten Krankenversicherung, die mit der Krankheit verbundenen Behandlungskosten zu erstatten. Es liegt in der Entscheidung des Kinderwunschpaares, die private Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen, wenn die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme gegeben sind. Ob daneben ein Anspruch gegen die private Krankenversicherung oder die gesetzliche Krankenkasse des Partners besteht, spielt für das Kinderwunschpaar keine Rolle.

 

  • Darf die PKV die Anzahl der Behandlungszyklen pauschal begrenzen?

In der Regel genehmigen die privaten Krankenversicherungen (zunächst) die Übernahme der Kosten für drei Behandlungszyklen der IVF / ICSI – Behandlung. Eine gesetzliche Obergrenze gibt es jedoch insoweit nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist für die Leistungspflicht der privaten Krankenversicherung vielmehr auf die Erfolgsaussichten für das Eintreten einer klinischen Schwangerschaft abzustellen. Solange diese Erfolgsaussicht bei mehr als 15 % liegt, darf die private Krankenversicherung die Anzahl der Versuche nicht pauschal begrenzen. Etwas anderes kann gelten, wenn im Versicherungsvertrag eine abweichende Regelung getroffen wurde. Hier empfiehlt sich eine rechtliche Überprüfung der Wirksamkeit einer solchen vertraglichen Tarifklausel.

 

  • Darf die PKV die Kostenübernahme auf eine bestimmte Anzahl von Eizellen begrenzen?

Wenn die private Krankenversicherung versucht, die Kostenübernahme auf fünf oder sechs Eizellen pro Zyklus zu begrenzen, so geschieht dies in der Regel unter Berufung auf das Embryonenschutzgesetz oder mit der Behauptung, es sei keine medizinische Notwendigkeit für die Behandlung von mehr als 6 Eizellen je Zyklus gegeben. Eine solche pauschale Begrenzung der Kostenübernahme auf eine bestimmte Anzahl von Eizellen findet jedoch keine Stütze im Gesetz. Vielmehr hat die Rechtsprechung in zahlreichen Urteilen mittlerweile entschieden, dass die Kosten für die Behandlung/Befruchtung aller vorhandenen Eizellen zu erstatten sind. Etwas anderes kann gelten, wenn im Versicherungsvertrag eine abweichende Regelung getroffen wurde.

 

  • Müssen die Partner verheiratet sein?

Diese Frage ist rechtlich noch nicht abschließend geklärt, da eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes insoweit noch nicht vorliegt. Die überwiegende Anzahl der Gerichte geht jedoch davon aus, dass eine Ehe keine Voraussetzung für die Kostenübernahme ist und auch unverheirateten Paaren uneingeschränkt Leistungsansprüche gegenüber der privaten Krankenversicherung zu stehen.

 

  • Darf die PKV einen Ablehnungsbescheid der GKV des Partners verlangen?

Es besteht keine Verpflichtung des Kinderwunschpaares, bei gemischten Versicherungsverhältnissen auch die gesetzliche Krankenkasse des Partners in Anspruch zu nehmen. Ansprüche gegen die private Krankenversicherung bestehen unabhängig von der etwaigen Leistungspflicht eines weiteren Kostenträgers. Demzufolge muss der Ablehnungsbescheid der gesetzlichen Krankenversicherung des Partners auch nicht vorgelegt werden. 

 

  • Darf die PKV die Kostenübernahme mit der Begründung des Alters der Frau ablehnen?

Anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung existiert grundsätzlich keine feste Altersgrenze, bei deren Überschreitung die private Krankenversicherung die Kostenübernahme ablehnen dürfte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist für die Leistungspflicht der privaten Krankenversicherung vielmehr auf die Erfolgsaussichten für das Eintreten einer klinischen Schwangerschaft abzustellen (mindestens 15%). Diese sind anhand der statistischen Werte aus dem IVF-Register und medizinischen Befunde individuell zu beurteilen. 

 

  • Darf die PKV die Ablehnung auf einen zu niedrigen AMH-Wert (Anti-Müller-Hormon) stützen?

In vielen Fällen wird die Kostenübernahme allein mit der Begründung abgelehnt, aufgrund des zu niedrigen AMH-Wertes der Frau sei keine hinreichende Erfolgsaussicht auf den Eintritt einer klinischen Schwangerschaft gegeben. Nach einem Urteil des Landgerichts München I ist eine solche pauschale und allein auf den Wert des Anti-Müller-Hormons gestützte Entscheidung jedoch nicht haltbar. Die Erfolgsaussichten für den Eintritt einer klinischen Schwangerschaft seien vielmehr anhand der objektiven medizinischen Befunde im Zeitpunkt der Behandlung festzustellen. Dabei könne der AMH-Wert zwar als Indiz, jedoch keinesfalls als alleiniges Kriterium herangezogen werden. 

 

  • Darf die PKV weitere Untersuchungen zur Feststellung der Ursache der männlichen Fertilitätsstörung verlangen?

Häufig verlangen die privaten Krankenversicherungen vor Erteilung einer Kostenzusage die Durchführung weiterer Untersuchungen bzw. den Nachweis für die medizinische Ursache der männlichen Fertilitätsstörung. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes müssen derartige Forderungen durch das Kinderwunschpaar jedoch nicht erfüllt werden, wenn der Nachweis einer Spermienanomalie - in der Regel durch Vorlage mehrerer Spermiogramme - bereits erbracht ist. Es besteht darüber hinaus keine Verpflichtung, die Ursache dieser Fertilitätsstörung nachzuweisen oder weitergehend zu untersuchen.

 

  • Darf sich die PKV auf eine Tarifklausel im Versicherungsvertrag berufen, welche die Kostenübernahme bei einer Kinderwunschbehandlung einschränkt; ist eine solche Klausel wirksam?

Die privaten Krankenversicherungen gehen zunehmend dazu über, in die Versicherungsverträge einschränkende Klauseln im Hinblick auf den Umfang der Kostenübernahme aufzunehmen. Die Wirksamkeit derartiger Klauseln hängt maßgeblich von der konkreten Formulierung und der Ausgestaltung des Vertrages ab. Darüber hinaus existiert teilweise eine divergierende Rechtsprechung auch zu vergleichbaren Klauseln. Hier empfiehlt es sich in jedem Fall, den Versicherungsvertrag auf seine Wirksamkeit genau zu überprüfen.

 

  • Darf die PKV die weitere Kostenübernahme einer Kinderwunschbehandlung mit der Begründung ablehnen, dass das Paar bereits ein Kind habe (Recht auf ein weiteres Kind)?

Lehnt die private Krankenversicherung die weitere Kostenübernahme für die Behandlung nach der Geburt eines Kindes mit der Begründung ab, dass das Paar bereits ein Kind habe, so widerspricht dies der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Danach hat allein das Kinderwunschpaar das Recht zu entscheiden, ob ein weiteres Kind gewünscht ist (höchstpersönliche Entscheidung).

Christian Rohlfs

Fachanwalt für Medizinrecht

 

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